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Datenquelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Geographische Abdeckung: Deutschland

Diese Übersicht beinhaltet zusätzliche Informationen zu den oben dargestellten Indikatoren, wie eine kurze Definition des Indikators und eine Beschreibung des politisch festgelegten Zielwertes sowie die politische Intention für die Auswahl des Indikators.

Definition

Der Indikator stellt den Anteil der Beschäftigten (in Prozent) dar, der in Betrieben mit Branchen-/Flächentarifvertrag oder Firmen-/Haustarifvertrag arbeitet.

Intention

Mit Tarifverträgen können Arbeitsbedingungen dauerhaft, zukunftsgerichtet und mitbestimmt gesichert werden. Auch die Richtlinie (EU) 2022/2041 über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union (EU-Mindestlohn-Richtlinie) betont die Bedeutung von Tarifverträgen für die Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen. Vor diesem Hintergrund verpflichtet die Richtlinie Mitgliedstaaten mit einer “tarifvertraglichen Abdeckung” von weniger als 80 Prozent, einen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen zu erstellen.

Ziel

Anteil der tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnisse bis 2030 erhöhen

Art des Ziels

Zielrichtungsvorgabe

Umsetzung in der Wetter­symbol­berechnung

Der Anteil der tarifgebundenen Beschäftigungsverhältnisse soll steigen.

Ausgehend von der Zielformulierung deuten sowohl der aktuelle Wert, als auch die durchschnittliche Veränderung der letzten sechs Jahre in Richtung einer Verringerung. Entsprechend wird Indikator 8.5.c für das Jahr 2023 mit “Gewitter” bewertet.

Bewertung

Wettersymbol Blitz

Datenstand

15.01.2025

8.5.c Tarifgebundene Beschäftigungsverhältnisse

Der Indikator stellt die Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse in Betrieben mit Tarifbindung in Relation zur Gesamtzahl aller Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland dar. Gelten für ein Beschäftigungsverhältnis mehrere unterschiedliche Tarifverträge, so wird das Beschäftigungsverhältnis nur einmal erfasst. Zudem ist der Indikator nicht eins zu eins auf den Anteil an beschäftigten Personen mit Tarifvertrag übertragbar, da einzelne Personen auch mehreren Beschäftigungsverhältnissen nachgehen können. Der Indikator bezieht sich ausschließlich auf die quantitative Verbreitung von Tarifverträgen, die sich inhaltlich stark unterscheiden können. So gehen Tarifverträge, die vollumfängliche Arbeitsbedingungen beinhalten – etwa Vergütung, Arbeitszeiten, Urlaubsdauer, Sonderzahlungen – genauso in den Indikator ein, wie Tarifverträge, die sich eventuell nur auf einen dieser Bereiche beschränken und einen entsprechend geringeren Einfluss auf die Beschäftigungsverhältnisse ausüben.

Die Daten zum Anteil tarifgebundener Beschäftigungsverhältnisse stammen aus dem jährlichen IAB-Betriebspanel zur Verbreitung von Tarifverträgen und betrieblicher Mitbestimmung in Deutschland, das vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erhoben wird. Das IAB befragt dabei bundesweit 15 000 Betriebe aller Branchen und Größenklassen. Die befragten Betriebe stellen eine repräsentative Auswahl der insgesamt rund 2,1 Millionen Betriebe in Deutschland mit mindestens einem oder einer sozialversicherungspflichtig Beschäftigten dar.

In Deutschland wird zwischen Branchentarifverträgen (auch Flächentarifverträgen) und Firmentarifverträgen (auch Haustarifverträgen) unterschieden. Branchentarifverträge werden in der Regel zwischen einem Arbeitgeberverband und einer Gewerkschaft für einen bestimmten Wirtschaftszweig abgeschlossen und gelten für die Mitglieder der vertragsschließenden Verbände. Firmentarifverträge werden hingegen in der Regel direkt mit einzelnen Arbeitgebern abgeschlossen.

Das deutsche Tarifrecht sieht vor, dass die Rechtsnormen eines Tarifvertrags durch sogenannte Allgemeinverbindlicherklärungen über die eigentlich tarifgebundenen Parteien hinaus auch bisher nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfassen können. Mit der Allgemeinverbindlicherklärung gelten die im Tarifvertrag festgelegten Arbeitsbedingungen, wie Verdienste, Arbeitszeiten und andere Regelungen, für alle Arbeitgeber und ihre Beschäftigten im Geltungsbereich des Tarifvertrags.

Im Jahr 2023 lag der Anteil tarifgebundener Beschäftigungsverhältnisse erstmals unter der 50-Prozent-Marke bei 49,5 %. Werden nur Betriebe der Privatwirtschaft berücksichtigt, ist die Tarifbindung geringer als unter Einbeziehung des öffentlichen Dienstes. In der Privatwirtschaft unterliegen 35 % der Beschäftigungsverhältnisse einem Branchentarifvertrag und 7 % einem Firmentarifvertrag.

Der überwiegende Teil aller Beschäftigungsverhältnisse (41,6 %) unterliegt 2023 Branchentarifverträgen und nur etwa 7,9 % Firmentarifverträgen. Der generelle Abwärtstrend in der Tarifbindung besteht seit Mitte der 1990er Jahre und resultiert fast ausschließlich aus der sinkenden Anzahl von Branchentarifverträgen. Dagegen blieb der Anteil der Beschäftigungsverhältnisse, die einem Firmentarifvertrag unterliegen, seit 1998 annähernd konstant.

Die Tarifbindung von Betrieben hängt stark von deren Beschäftigtenanzahl ab: In kleinen Betrieben mit 1 bis 4 Beschäftigten liegt die Tarifbindung bei nur 15 %, während sie mit zunehmender Betriebsgröße ansteigt. In Betrieben mit 5 bis 9 Beschäftigten beträgt sie 21 %, in Betrieben mit 10 bis 20 Beschäftigten 33 % und in Betrieben mit 101 bis 200 Beschäftigten 48 %. Kleinere Betriebe sind in Deutschland in Bezug auf die Anzahl deutlich stärker vertreten als große Betriebe. Dadurch fällt, in Verbindung mit der geringeren Tarifbindung in kleineren Betrieben, der Anteil der Tarifbindung noch geringer aus, wenn statt der Beschäftigten die Betriebe betrachtet werden: 2023 waren nur 22 % der Betriebe durch einen Branchen- und lediglich 2 % durch einen Firmentarifvertrag gebunden.

Zwischen dem früheren Bundesgebiet und den neuen Ländern besteht ein deutlicher regionaler Unterschied. In den neuen Ländern sind 45 % der Beschäftigungsverhältnisse durch einen Tarifvertrag abgedeckt, während dieser Anteil im früheren Bundesgebiet bei 51 % liegt. Der allgemeine Rückgang der Tarifbindung aber ist sowohl im früheren Bundesgebiet als auch in den neuen Ländern zu beobachten.