Text aus dem Indikatorenbericht 2022
Der hier dargestellte Indikator zeigt den unbereinigten geschlechtsspezifischen Verdienstabstand (unadjusted gender pay gap). Er setzt dafür ausschließlich die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste ins Verhältnis zueinander. Im unbereinigten Gender Pay Gap (GPG) enthalten ist auch der Lohnabstand, der beispielsweise auf unterschiedliche Berufe, Branchen, Qualifikationen oder Erwerbsbiografien von Frauen und Männern zurückzuführen ist.
Datengrundlage des Indikators bildet die vierjährliche Verdienststrukturerhebung, die von den Statistischen Ämtern der Länder als repräsentative Stichprobenerhebung mit Auskunftspflicht bei insgesamt maximal 60 000 Betrieben durchgeführt wird. Auf Basis dieser Daten werden Ergebnisse nach Alter, Bildungsniveau, Leistungsgruppen (Untergliederung in fünf Gruppen von ungelernt bis Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in leitender Stellung), Tätigkeit, Tarifbindung, Unternehmensgrößenklassen und Wirtschaftsabschnitten berechnet und der bereinigte Gender Pay Gap bestimmt. Für die Zwischenjahre wird der unbereinigte GPG mit den Veränderungsraten aus der vierteljährlichen Verdiensterhebung fortgeschrieben. Für den bereinigten sowie den unbereinigten GPG wird die EU-Abgrenzung zugrunde gelegt, wonach Beschäftigte der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, der öffentlichen Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung sowie Beschäftigte in Kleinstbetrieben unberücksichtigt bleiben.
Nach vorläufigen Zahlen verdienten Frauen in den Jahren 2020 und 2021 durchschnittlich 18 % weniger pro Stunde als Männer. Das Ziel, den unbereinigten GPG bis 2020 auf 10 % zu verringern, wurde damit nicht erreicht. Bei Fortsetzung der Entwicklung der letzten fünf Jahre ist zu erwarten, dass das angestrebte Ziel auch bis zum Jahr 2030 nicht erreicht wird.
Über einen längeren Zeitraum betrachtet, zeigt sich für Deutschland ein langsamer, aber stetiger Rückgang des unbereinigten GPG. Dieser hatte 2012 mit 23 % noch um 5 Prozentpunkte höher gelegen als 2021. Bei Betrachtung der Ergebnisse nach Bundesländern zeigen sich erhebliche Unterschiede: Am höchsten lag der unbereinigte GPG im Jahr 2021 mit 22 % in Baden-Württemberg und Bremen, während er in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen 5 % betrug.
Untersuchungen der ursächlichen Faktoren des GPG werden alle vier Jahre auf Basis der detaillierten Ergebnisse der Verdienststrukturerhebung durchgeführt. Derzeit liegen Ergebnisse für das Jahr 2018 vor. Die Faktoren, die die Verdienstunterschiede bestimmen, unterliegen langfristigen strukturellen Veränderungsprozessen und sind damit im Zeitablauf relativ stabil. 71 % des Verdienstunterschieds zwischen Frauen und Männern sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in Branchen, Berufen und Leistungsgruppen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Auch arbeiten Frauen häufiger als Männer in Minijobs oder in Teilzeit.
Die verbleibenden 29 % des Verdienstunterschieds entsprechen dem bereinigten GPG von zuletzt 6 % im Jahr 2018. Verglichen mit dem unbereinigten GPG zeigt sich beim bereinigten GPG auf Ebene der Bundesländer ein wesentlich einheitlicheres Bild. Er lag im Jahr 2018 zwischen 4 % (in Berlin) und 7 % (in Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg und Sachsen).
Im europäischen Vergleich liegen überwiegend vorläufige Ergebnisse bis zum Jahr 2020 vor. Der unbereinigte GPG lag in Deutschland seit 2010 durchgehend über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Von 25 EU-Staaten, für die Daten für das Jahr 2020 vorliegen, weisen nur Lettland mit 22 %, Estland mit 21 % und Österreich mit 19 % einen noch höheren geschlechtsspezifischen Verdienstunterschied auf. Die Staaten mit den EU-weit geringsten geschlechtsspezifischen Unterschieden im Bruttostundenverdienst waren Luxemburg (1 %), Rumänien (2 %) und Slowenien (3 %).