Text aus dem Indikatorenbericht 2022
Nicht alle Fischbestände werden in Bezug auf ihre nachhaltige Bewirtschaftung untersucht. Daher ist die Zahl der Fischbestände, die nach dem Maximum Sustainable Yield-Ansatz (MSY-Ansatz) nachhaltig bewirtschaftet wird, auch immer in Relation zu den Fischbeständen insgesamt zu sehen. Eine Ausweitung der Untersuchungen auf möglichst viele Bestände wird zwar angestrebt, bedingt durch die hohen Kosten dieser Untersuchungen ist aber davon auszugehen, dass eine Erfassung sämtlicher, auch ökonomisch wenig relevanter beziehungsweise wenig befischter Bestände nicht realistisch ist. Wirtschaftlich genutzt werden nach derzeitigen Schätzungen in der Nordsee 58 und in der Ostsee 20 Fischbestände. Die Zahl der nach dem MSY-Ansatz untersuchten Bestände beträgt momentan für die Ostsee acht; für die Nordsee werden derzeit 22 Bestände berücksichtigt. Damit wird nur gut ein Drittel aller bewirtschafteten Bestände vollständig analytisch auf nachhaltige Bewirtschaftung untersucht. Alle anderen Bestände, für die nicht ausreichend Daten zur Verfügung stehen, um sie nach der MSY-Methode zu untersuchen, bleiben bei diesem Indikator unberücksichtigt.
Ein Bestand gilt dann als „nachhaltig bewirtschaftet“, wenn die tatsächliche Fangmenge pro Jahr und Fischbestand die auf dem MSY-Ansatz basierende, wissenschaftlich empfohlene Menge nicht überschreitet, beziehungsweise den Vorgaben eines langfristigen Managementplanes, der dem MSY-Ansatz folgend als nachhaltig bewertet ist, entspricht. Als „Fischbestand“ wird dabei eine sich eigenständig reproduzierende Population einer Fischart bezeichnet. Eine spezifische Art kann somit mehrere Bestände und je nach Bestand auch unterschiedliche Richtwerte für die Fangmenge aufweisen. In der Regel wird jedem Bestand, entsprechend seiner vorherigen Entwicklung, ein Richtwert zugewiesen.
Die Richtwerte für die bewirtschafteten Bestände werden durch den Internationalen Rat für Meeresforschung (International Council for the Exploration of the Sea) berechnet. Die Datenerhebung zur Berechnung des Indikators deckt die gesamte Nord- und Ostsee ab. Eine Abgrenzung der Werte für deutsche Territorialgewässer und die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone ist dementsprechend nicht möglich.
Die jährliche Berechnung der nachhaltigen Fangmengen nach dem MSY-Ansatz basiert auf stochastischen Vorhersagen, die auf Berechnungen zur historischen Bestandsentwicklung aufsetzen. Informationen zu angelandeten Fischmengen basieren auf gemeldeten Fängen. Daraus gezogene Stichproben geben Aufschluss über die demografischen Parameter des Bestandes, etwa Alter und Größe. Als weitere wichtige Informationsquelle für den Zustand von Beständen dienen fischereiunabhängige, wissenschaftliche Erhebungen auf Forschungsschiffen. Die Zeitreihe wird jährlich neu geschätzt und die betrachteten Fischarten gegebenenfalls für die gesamte Zeitreihe aktualisiert, wodurch sich auch die Indikatorwerte vergangener Jahre ändern können.
Der Anteil der nachhaltig befischten Bestände an der Zahl der nach dem MSY-Ansatz untersuchten Bestände belief sich im Jahr 2020 für Nord- und Ostsee insgesamt auf 60,0 %. Für die Nordsee betrug dieser Anteil 59,1 % und für die Ostsee 62,5 %. Betrachtet man die Entwicklung zwischen den Jahren 2015 und 2020, ist der Verlauf insgesamt positiv. Das Ziel, dass alle wirtschaftlich genutzten Fischbestände nach dem MSY-Ansatz nachhaltig bis 2020 bewirtschaftet werden, konnte nicht erreicht werden.
Die Einschätzung des Indikators gestaltet sich schwierig, da er neben der Entwicklung der Bestände selbst auch durch die Auswahl der zu betrachtenden Bestände beeinflusst wird. So kann die Bemessungsgrundlage jedes Jahr variieren, was einen Vergleich der einzelnen Jahre untereinander erschwert. Zusätzlich gelten die empfohlenen Fangmengen staatenübergreifend und können nur indirekt durch die Bemühungen eines einzelnen Staates erfüllt werden.