Text aus dem Indikatorenbericht 2022
Der Gini-Koeffizient ist ein Maß der relativen Ungleichheit und kann einen Wert zwischen null und eins annehmen. Im Falle der Gleichverteilung ergibt sich für den Gini-Koeffizienten ein Wert von null und im Falle der Konzentration des gesamten Einkommens auf nur eine Person ein Wert von eins. Ein Gini-Koeffizient von eins gibt somit die Situation bei maximaler Ungleichverteilung an. Je kleiner der Gini-Koeffizient, umso gleichmäßiger ist das Einkommen verteilt.
Das Äquivalenzeinkommen ist ein bedarfsgewichtetes Einkommen und somit ein Wert, der sich aus dem Gesamteinkommen eines Haushalts und der Anzahl und dem Alter der in diesem Haushalt lebenden Personen ergibt. Mithilfe einer Äquivalenzskala werden die Einkommen nach Haushaltsgröße und ‑zusammensetzung gewichtet. Dadurch werden die Einkommen von Personen, die in unterschiedlich großen Haushalten leben, vergleichbar, da in größeren Haushalten Einspareffekte (Economies of Scale) auftreten (zum Beispiel durch gemeinsame Nutzung von Wohnraum oder Haushaltsgeräten). Das verfügbare Äquivalenzeinkommen ist das Gesamteinkommen (einschließlich Sozialtransfers) eines Haushalts nach Steuern und anderen Abzügen und somit das Einkommen, das für Ausgaben und Sparen zur Verfügung steht. Abzugrenzen davon ist das Äquivalenzeinkommen vor Sozialleistungen, bei dem das verfügbare Einkommen ohne eventuelle Sozialtransfers (zum Beispiel Arbeitslosengeld oder Wohnbeihilfe) betrachtet wird, sowie das Markteinkommen, das sich vor Steuern, Sozialabgaben und Sozialleistungen errechnet. Bei allen betrachteten Einkommen wird nicht unterschieden, welche Quellen zur Einkommenserzielung dienen (zum Beispiel Arbeitslohn, Mieteinkünfte oder Kapitalerträge).
Die Daten zum Äquivalenzeinkommen stammen aus der europaweit harmonisierten jährlichen Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC), die im Erhebungsjahr 2020 aufgrund der zunehmenden Anforderungen an die Daten hinsichtlich der Aktualität und Bereitstellung tiefer regionaler Ergebnisse mit weitreichenden methodischen Änderungen in den Mikrozensus integriert wurde. Dadurch sind die Ergebnisse ab 2020 nicht mit denen der vorherigen Erhebungsjahre vergleichbar. Der Gini-Koeffizient des Markteinkommens wird nicht aus EU-SILC berechnet, sodass hierfür auf die Angaben aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zurückgegriffen wird. Bei den erhobenen Daten wird methodisch kompensiert (und das macht sie international vergleichbar), dass Haushalte mit hohem Einkommen bzw. großem Vermögen in freiwilligen Stichprobenerhebungen häufig unterrepräsentiert sind.
Wie in den vergangenen Jahren entsprach der Gini-Koeffizient des verfügbaren Äquivalenzeinkommens für Deutschland (2021: 0,309) nahezu dem Wert für die Europäische Union (EU) (2021: 0,301), das heißt, es gab nur geringe Unterschiede in der Einkommensverteilung zwischen Deutschland und der EU. Dennoch lag auch im Jahr 2021 der Gini-Koeffizient des verfügbaren Äquivalenzeinkommens oberhalb des entsprechenden Wertes der EU, sodass das Ziel der Bundesregierung nicht erfüllt wurde. Der Gini-Koeffizient des verfügbaren Äquivalenzeinkommens lag klar unter dem Gini-Koeffizienten des Äquivalenzeinkommens vor Sozialleistungen (0,309 zu 0,376). Erwartungsgemäß lag der Gini-Koeffizient des Markteinkommens deutlich höher (0,497 in 2019), was bestätigt, dass Sozialleistungen, ‑versicherungen und Steuern in Deutschland erheblich zum Abbau von Ungleichheiten beim verfügbaren Einkommen beitragen.
Betrachtet man dagegen den Gini-Koeffizienten des Vermögens in Deutschland, der aus dem „Household Finance and Consumption Survey“ (HFCS) stammt, der unregelmäßig von der Europäischen Zentralbank (EZB) durchgeführt wird, zeigt sich eine deutlich ungleichmäßigere Verteilung. Im Jahr 2017 lag der entsprechende Gini-Koeffizient bei 0,739 und damit weit über den Werten zur Einkommensverteilung. Im Jahr 2017 lag der Wert für die Eurozone bei 0,695 und somit niedriger als der Wert in Deutschland. Einige Faktoren, die durch den Gini-Koeffizienten des Vermögens nicht abgedeckt sind, relativieren allerdings den Eindruck einer überdurchschnittlich hohen Vermögensungleichheit. So werden bei der Bewertung des Vermögens zukünftige Renten- und Pensionsansprüche nicht berücksichtigt und im Vergleich zu anderen europäischen Staaten leben in Deutschland Menschen wegen des stärker ausgeprägten Mieterschutzes häufiger zur Miete als in einer eigenen Immobilie.